BUND Regionalverband Nordschwarzwald

Eine besonders berührende Sonnenuntergangstour

Sollte man eine gemeinsame Exkursion machen, wenn man am Abend zuvor mit dem Tod von Walter Trefz einen langjährigen Weggefährten im Natur- und Umweltschutz verloren hat? Eine Frage, die vor dem Treffen nicht einheitlich beantwortet werden konnte. Nach der Exkursion war klar, es war die richtige Entscheidung, gemeinsam auf Tour zu gehen. Es hätte ihm sicher Freude gemacht, sich zusammen Gedanken zu machen, wie wir die Natur schützen und das Moor retten können, die Weite des Nordschwarzwaldes mit seinen Tälern zu sehen und innehaltend den Rhein goldglänzend vom Hohlohturm auf rund 1000 Meter im Licht der untergehenden Sonne und der sommerlichen Gewitter zu erleben. Tragende Worte für einen Abend, den jede und jeder anders erlebt haben dürfte.

Aussicht vom Hohlohturm - Totale  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Wandert man einmal über den Kaltenbronn wird schnell klar, warum sich Wolf und Luchs gerade dort immer wieder aufhalten. Ausgedehnte und relativ ursprüngliche Wälder und vielfältige Lebensräume machen den Kaltenbronn auf rund 900 bis fast 1000 Meter zu einem außergewöhnlichen Ort.

Den Kaltenbronn kennt Renate Fischer sehr gut. Renate Fischer, stellvertretende Leiterin Infozentrum und NABU  (Patrick Maier / BUND-Nordschwarzwald)

Treffpunkt unserer Gruppe ist abends um 6 vor dem Infozentrum am Kaltenbronn. Renate Fischer vom Infozentrum und NABU hat sich Zeit genommen, uns in ihr Wohnzimmer zu führen. Wie für alle anderen Besucherinnen und Besucher gilt auch für uns: „Nichts hinterlassen und nichts mitnehmen, außer schönen Eindrücken,“ so ihre mahnend-schmunzelnden Worte, bevor es los geht.

Das Moor fällt zunehmend trocken und droht abzusterben. Testfeld Wiedervernässung durch Spundwand im Moor  (Liss Hoffmann & Patrick Maier / BUND-Nordschwarzwald)

Unser erstes Ziel ist eine versuchsmäßig eingerichtete Spundwand aus Holz. Die Hochmoore vom Kaltenbronn sind durchzogen mit einem Netz aus kleinen, mittleren und großen Gräben. Insgesamt sind die Gräben etwa 250 Kilometer lang. Sie wurden vor rund 250 Jahren (im Jahr 1780) angelegt, um das Moor trocken zu legen und Waldbau betreiben zu können – was damals erfolglos blieb, führt heute auf Grund von Klimawandel und Trockenheit dazu, dass immer mehr Bereiche im Moor verlanden und verloren gehen. Es besteht die Hoffnung, dass durch die Rückhaltung des Niederschlagwasserabflusses das Trockenfallen gestoppt werden könnte. Sehr nass ist die Fläche rund um die beiden Spundwände. Das Wasser wird deutlich sichtbar zurückgehalten. Die starke Grünfärbung des Gewässerabschnitts stellt uns aber vor ein Rätsel: Wo kommen die Nährstoffe in einem normalerweise sehr nährstoffarmen Moorgebiet her, damit die Algen so gut wachsen können?

Blick über den Kaltenbronn  (Landratsamt Rastatt Untere Forstbehörde)

Mit dem Trockenfallen der Moore befasst sich seit einiger Zeit auch das Land Baden-Württemberg. Aktueller Planungsstand ist, dass flächendeckend Spundwände aus verwitterungsresistentem Kunststoff eingebaut, die Gräben wieder geschlossen und so die Verlandungstendenzen gestoppt werden. Für ein Fazit aus Sicht des Naturschutzes, wie diese Maßnahme bewertet wird ist es aktuell noch zu früh. Sicher ist, dass wir das Thema beobachten und begleiten. Aus Klimaschutzsicht ist die Bewertung einfacher. Moore speichern weltweit einen großen Teil an Kohlenstoff. Weil sie vom Menschen als Substrat genutzt werden, trockenfallen und sie unter Sauerstoffeinfluss von Mikroorganismen abgebaut werden, oder weil zunehmende Trockenheit und Hitze zu großflächigen (Moor-)Bränden führen, gelangen im mehr ehemals gebundene Treibhausgase in die Atmosphäre und führen zu einer Verschlimmerung der Erderwärmung.

Pressemitteilung "Moore am Kaltenbronn im Nordschwarzwald erhalten

Den nächsten Stopp legen wir entlang eines Wanderwegs ein. Eigentlich ist das gesamte Gebiet relativ nährstoffarm. Der Bundsandstein bringt kaum Nährstoffe mit und die niedrige Temperatur bedingt eine geringen biologische Umsetzungsrate. Die kleinen Brombeersträucher entlang vieler Wege sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass viele Nährstoffe eingetragen werden. Gerade während dem Corona-Lockdown ist das Gebiet von Besuchermassen buchstäblich überrannt worden. Die Ausscheidungen der Besucherinnen und Besucher und ihrer Hunde sowie ihre Hinterlassenschaften, beispielsweise Apfelbutzen, Bananenschalen oder Brotreste haben über die Jahre dazu geführt, dass entlang der Wege das empfindliche saure Milieu durch die Nährstoffeinträge gestört wurde; Für Pflanzen, die auf nährstoffarme Gebiete spezialisiert sind, ist es eine bedrohliche Entwicklung.

Am Großen Hohlohsee angekommen halten wir inne. Lieber Walter, ich glaube, es hätte dir gefallen und wahrscheinlich wärst du sogar mitgekommen, wenn du keinen anderen Termin gehabt hättest.

Moorlandschaft  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Ein Bohlenwegs führt durchs Moor und gibt immer wieder den Blick frei auf die skandinavisch anmutende Landschaft. Auf einer Strecke von nicht einmal 200 Meter erfahren wir, dass das Torfmoos rund das 30 fache seines eigenen Gewichts an Wasser speichern kann und dafür spezielle Zellen ausgebildet hat, oder Heidelbeere und Wollgras nur dank Wuzelpilzen in diesem sauren Milieu wachsen können. Mit der Moosbeere finden wird kaum sichtbar den kleinsten Strauch Europas. Mit Blick auf den nur wenige Millimeter große Pflanze wirkt die Beere – die ebenfalls im Millimeterbereich angesiedelt ist – fast schon riesig. Etwas größer und blauschimmernd wächst daneben die Rauschbeere. Der Nationalpark schreibt zur Rauschbeere: „Der Name passt zwar zur Wirkung, zu der der Verzehr führen kann, leitet sich aber tatsächlich vom lateinischen „ruscus“ für Gestrüpp her.“ (https://nationalpark.blog/rauschbeere-vaccinium-uliginosum/)

Torfmoos  (Liss Hoffmann / BUND Nordschwarzwald)

Pollenanalysen der Moore und Karseen im Schwarzwald zeigen, dass die Fichte in natürlichem Zustand eigentlich sehr viel seltener vorkommt als beispielsweise die Tanne. In gemeinsamen Pflegeaktionen drängt das Team vom Infozentrum die Fichte deswegen auch immer wieder zurück. Eine gute Darstellung wurde 2012 von Manfred Rösch, Professor an der Uni Heidelberg mit dem Titel „Vegetation und Waldnutzung im Nordschwarzwald während sechs Jahrtausenden anhand von Profundalkernen aus dem Herrenwieser See“ (Link zum Artikel) verfasst.

Aussicht vom Hohlohturm  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Der Hohlohturm bildete den geografischen Höhepunkt der Tour. Beeindruckend, wie sich die Gewitter und Schauer über die Hügel und Berge vom Stuttgarter Fernsehturm im Osten bis hin zum Rhein im Westen verteilten. Wer nach einem Grund für den Schutz von Natur und Klima sucht sollte sich die Zeit nehmen, diese Tour einmal früh morgens oder am Abend zu unternehmen und die Gedanken 30 Meter über Grund auf dem Turm schweifen zu lassen.

Vorbereitung für dass Essen  (Liss Hoffmann / BUND Nordschwarzwald)

Die Idee der Exkursion war ursprünglich, dass wir als Geschäftsstelle und Regionalverband den vielen ehrenamtlichen Mitgliedern (und auch zukünftigen Mitgliedern :) ) für ihren Einsatz im Natur- und Umweltschutz danken wollten. Es ist nicht leicht, sich jedes Jahr aufs Neue für den Erhalt unserer Lebensräume einzusetzen und zu sehen, dass immer mehr Lebensräume unter den Folgen von Artensterben, Klimawandel, Flächenverbräuchen, Umweltverschmutzungen … leiden und verloren gehen. Das kleine Abendessen mit selbstgemostetem Apfelsaft aus Horb – ein Dank geht hier an meinen Vater und seine Streuobstwiese – in der Hütte des Infozentrums haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer deshalb mehr als verdient. Vielen Dank an die Ehrenamtlichen und an Renate Fischer, für ihre tolle, kurzweilige und interessante Führung!

 

Gemeinsam unterwegs Susanne Duffing (l. o.), Gruppe, Liss Hoffmann und Britta Faaß (u.)  (Patrick Maier und Liss Hoffmann / BUND-Nordschwarzwald)

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